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I survived Awareness

Triggerwarnung:
Diese Broschüre bricht mit der bonbonrosafarbenen Plüsch-, Zuckerwatte-, Glitzer- und Einhornwelt der Awareness-Ideologie. Befürwortung von Konflikt und Kontrollverlust, Verwerfung von Konsens. Ein egoistischer Erguss, der die Dinge selbst in die Hand nehmen will anstatt zum Awareness-Team zu rennen. Ein nicht nur mikroaggressives Pamphlet der allerschlimmsten Art. Ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die kontrollierte Umgebungen schaffen wollen, um »sicher« zu sein. Das braucht wirklich keiner lesen! Wenn ihr die Broschüre zufällig findet, dann schaut nicht rein und vernichtet sie gleich. Beim Pflicht-Plenum heute abend erklären wir euch dann warum.

Eine längst überfällige kritische Auseinandersetzung
mit den autoritären Grundlagen des Awarenesskonzepts,
der Community Accountability, des Konsensprinzips,
der Viktimisierungsideologie und der Identitätspolitik,
abgerundet durch mehrere Erlebnisberichte
zu Vorfällen auf dem A-Camp 2020
als eins von vielen Beispielen aus der Praxis

Awareness ist in.

Auf Partys, auf Camps, wo immer Leute Veranstaltungen im deutschsprachigen Raum organisieren, an denen Personen zusammenkommen, die sich nicht alle kennen, gibt es diese Leute, die nach einem Awareness-Team schreien und »safe(r) spaces« einrichten wollen. Die groß darin sind Konsens zu fordern und zu betonen, wie gefährdet marginalisierte Personen allein durch die Anwesenheit privilegierter Personen sind. FLINT-Parties, FLINT-WCs und -Duschen, FLINT-Areas, FLINT-wasweißich. Die Identität, die einer*m von der Gesellschaft zugewiesen wurde, wird zum alles entscheidenden Faktor im Umgang miteinander. Nicht nur auf linken und linksradikalen Veranstaltungen ist das Awareness-Konzept und alles, was dazu gehört, vorherrschend, sondern auch in dezidiert anarchistischen Kontexten wird man immer mehr damit konfrontiert. Wer Kritik daran übt, ist immer wieder mit einer wütenden Meute konfrontiert, die Kritik mit einem Übergriff gleichzusetzen scheint. Doch verletztende Erfahrungen in der Vergangenheit und die Angst vor ihrer Wiederholung können nicht dazu führen, dass eine kritische Auseinandersetzung mit den Theorien und Ansätzen von identitätsbasierten (meist demokratisch oder kommunistisch geprägten) Emanzipations-/ Befreiungsbewegungen, wie dem Awareness-Konzept, Identitätspolitik, Community Accountability, Konsens etc., unmöglich wird.
Was ist es eigentlich, wonach ich mich als Anarchist*in sehne? Was ist mein Ziel? Verhaltenskontrolle? Umerziehung? Oder die Zerstörung identitätsbasierter Herrschaftsstrukturen? Auch die Zerstörung jeglicher Herrschaft? Mit diesen Fragen will diese Broschüre sich auseinandersetzen. Sie will dem unsicheren Schweigen – denn wer möchte denn schon übergriffig sein? – ein Ende setzen, das sich im deutschsprachigen Raum überall dort ausbreitet, wo »kein exkludierendes/ diskriminierendes oder belästigendes Verhalten […] tolerier[t]« (Ankündigungstext A-Camp 2020) wird und ein Awareness-Team über die Einhaltung dessen wacht.
Dafür haben wir vier Texte aus den USA ins Deutsche übersetzt, wo es schon seit einigen Jahren eine kritische Auseinandersetzung mit den Konzepten identitätsbasierter Befreiungskämpfe gibt, haben aber auch aktuelle deutschsprachige Texte aus den letzten Jahren aufgenommen.
Im Anhang haben wir schlussendlich Texte zu einem Vorfall versammelt, zu dem es diesen Sommer auf dem in Österreich stattfindenden A-Camp kam. Mehrere Personen hatten das Awareness-Konzept des Camps und Awareness im Allgemeinen kritisiert und wurden wegen »unmöglichen Verhaltens« von einem vermummten Mob hinausgeworfen. Wir haben uns entschieden, die Texte rund um dieses Ereignis mitabzudrucken, weil wir das dort Stattgefundene für paradigmatisch halten für die Problematik, die mit dem Awareness-Konzept und Identitätspolitik einhergeht. Wir hätten ebenso gut auch einen anderen Vorfall dieser Art heraussuchen können, doch da dieser zum Einen recht frisch ist, aus dem deutschsprachigen Raum stammt und es zum Anderen mehrere Erfahrungsberichte und Auseinandersetzungen dazu gibt, haben wir uns für diesen entschieden. Schon länger hatten wir daran gedacht eine solche Broschüre herauszubringen. Die Geschehnisse auf dem A-Camp haben uns dann dazu motiviert, sie nun auch endlich zu machen. Denn es ist Zeit, der immer weiter um sich greifenden Awareness-Ideologie den Kampf anzusagen!

Inhalt:

  • Sicherheit ist eine Illusion – Reflektionen zu Community Accountability
  • Vergewaltigung hinterfragen (Auszüge)
  • Partielle Kämpfe
  • Die Viktimisierungsideologie
  • Ressentiment
  • Fickt euren Konsens!
  • Jenseits einer weiteren Geschlechterbinarität
  • Anhang: I survived A-Camp
    • Awareness – Umgang mit Gewalt und Konflikten
    • Wenn der Sheriff nicht mehr Polizei heißt, sondern Awareness-Team
    • Ihr Opfer!
    • Awareness-Camp, wtf?!
    • Ein Erfahrungsbericht zum A-Camp 2020

Oktober 2020. 100 Seiten in A5.

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vergriffen.