Eine Sache allerdings ist vielleicht noch wichtiger, und es ist das, wo uns die Kritik an der Atomkraft erlaubt, die Rolle der Energie in ihrer ganzen Tragweite zu begreifen: die Atomkraft bestätigt, dass einzig der Staat und das Kapital die Kapazitäten zur Energieproduktion innehaben dürfen, dass diese Kapazitäten eine Beziehung, die mit dem Abhängigkeitsgrad der Bevölkerungen verbunden ist, repräsentieren, dass jede revolutionäre Aufwallung, die die Welt radikal verändern will, sich mit diesen Energiekolossen auseinandersetzen müssen wird. Kurz, dass Energie Herrschaft bedeutet.
Kategorie: Zines
…unter einem sich verändernden Himmel
Man kann sagen, dass diejenigen, die sich für die Fortsetzung dieser Zivilisation einsetzen, ihre Katastrophe durch die vielgepriesenen, möglichen Fortschritte der genetischen Manipulation, der Nanotechnologie, des Geo-Engineering, der Robotik und der synthetischen Biologie abwenden mögen – „der Endlösung“, die die Erde und uns selbst bis zum höchstmöglichen Grad verstümmelt und verkünstlicht. (Vielleicht gefällt ihnen diese Vorstellung besser als denjenigen Wesen, die in den Raffinerien, Slums oder dem letzten verbleibenden „Naturreservat“ eingeschlossen bleiben würden.) Aber natürlich sprechen wir nicht von der gleichen Katastrophe wie die Staatsplaner*innen, die grünen Unternehmer*innen und professionellen Umweltschützer*innen. Für uns reicht die Katastrophe weiter zurück als die globale Erwärmung oder der Industrialismus.
1866 beschreibt der Arzt und Apotheker John Langdon Down in einem Artikel mit dem Titel „Observations on an Ethnic Classification of Idiots“ (dt. etwa „Beobachtungen zu einer ethnischen Klassifikation von Idioten“) erstmals das, was heute als das nach ihm benannte Down-Syndrom oder auch Trisomie 21 beschrieben wird, als den „mongolischen Typ“ der von ihm beobachteten Idiotie, weil ihn die Erscheinung dieser Kinder an die rassenkundlich als „Mongoliden“ beschriebenen Menschen erinnert. Nun erscheint es mir überflüssig, eine ausführliche Kritik an der damals durchaus verbreiteten rassistischen Einteilung der Menschen in Rassen und ihrer gesellschaftlich-politischen Motivation zu wiederholen. Diese kann in der einen oder anderen Ausprägung hoffentlich vorausgesetzt werden. Und doch muss es vor diesem Hintergrund au den ersten Blick verwundern, vielleicht sogar verstören, wie es gekommen sein mag, dass das Krankheitsbild des „Mongoloiden“ nicht mitsamt diesen Theorien über Bord geworfen wurde?
„[…] Wenn wir in einer Maschinenwelt geboren werden, wenn die Natur nachgeahmt und technisiert wird, wird selbst die notwendige Basis für das Verständnis der Möglichkeit einer anderen Welt verloren gegangen sein. […]“
„Bis in ihre inneren Gemächer“
„[…] Indem er Aristoteles‘ Ansatz der Naturgeschichte hinsichtlich der Entdeckung von Erkenntnissen über die Natur kritisierte, betonte Bacon, dass die Natur die in ihrem Mutterleib und Schoß verborgenen Geheimnisse nicht preisgeben würde, außer wenn man sie durch die Interventionen der Wissenschaft „dazu bringe“, was er oft mit den Techniken der Staatsanwälte und Inquisitoren verband. Er bezieht sich auf die Natur oft als eine Hure, die durch die Wissenschaft gewaltsam gebändigt werden müsse. […]“
Fortschritt und Atomkraft
Die vorsätzliche Vergiftung von menschlichen Wesen, der Erdböden und anderer lebender Spezies kann nur durch größte Heuchelei als „Unfall“ betrachtet werden. Nur die*der willentlich Blinde kann behaupten, dass diese Konsequenz des technischen Fortschritts „unvorhergesehen“ gewesen wäre.
Seit zweihundert Jahren hat sich das Kapital durch die Zerstörung der Natur, durch die Entfernung und Zerstörung von Menschen entwickelt. Das Kapital hat nun einen Frontalangriff auf seine eigene Diener*innenschaft gestartet, seine Computer haben damit begonnen, die Entbehrlichkeit derjenigen zu berechnen, die gelehrt worden sind, sich als seine Nutznießer zu verstehen.
Im weiten Ozean des sozialen Krieges weigern sich einige – beschädigte, gebrechliche oder unheilbar kranke – Rebell*innen, sich der Opferrolle der Behinderung auszuhändigen. Die Welt-Erbauer*innen versuchen sie mit befriedenden Angeboten der technosphärischen Anpassung und Annehmlichkeiten des Konsums zu bändigen. Aber diese Rebell*innen – diese Missgeburten – verweigern alles, das weniger als eine feindselige, widerspenstige Revolte gegen die Maschine der Domestizierung ist …
Dieses Zine versammelt die Stimmen einiger dieser Rebell*innen. Gemeinsam in diesem Zine und jede*r für sich in ihren individuellen Leben verschwören sie sich, um die Opferrolle und das zivilisierende Narrativ des Behindertendiskurses herauszufordern, während sie zugleich auf die Zivilisation selbst zielen.
I survived Awareness
Triggerwarnung:
Diese Broschüre bricht mit der bonbonrosafarbenen Plüsch-, Zuckerwatte-, Glitzer- und Einhornwelt der Awareness-Ideologie. Befürwortung von Konflikt und Kontrollverlust, Verwerfung von Konsens. Ein egoistischer Erguss, der die Dinge selbst in die Hand nehmen will anstatt zum Awareness-Team zu rennen. Ein nicht nur mikroaggressives Pamphlet der allerschlimmsten Art. Ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die kontrollierte Umgebungen schaffen wollen, um »sicher« zu sein. Das braucht wirklich keiner lesen! Wenn ihr die Broschüre zufällig findet, dann schaut nicht rein und vernichtet sie gleich. Beim Pflicht-Plenum heute abend erklären wir euch dann warum.
Zugewiesene psychiatrische Bezeichnungen halfen mir nicht – sie brachten mir nur ein internalisiertes Gefühl, mich in der Opferrolle zu befinden und minderwertig zu sein. Medikation hat mich weder »geheilt« noch »repariert« – sie hat mir nur geschadet, indem sie mir meine eigenen Sinne betäubte, um eine emotionale Leere zwischen mir und dem abgefuckten zivilisierten Leben zu schaffen. Also verfalle ich stattdessen mit nihilistischer Vorfreude dem Wahnsinn, indem ich die soziale Ordnung und die Zivilisation zu meinen Zielen mache. Mit bewaffnetem Animalismus habe ich nun erkannt, dass es nichts zu richten gegeben hat – meine natürliche Verachtung für Domestizierung und soziale Kontrolle erinnert mich daran, dass ich von Anfang an niemals »kaputt« war. […]
Ich habe das Verlangen nach nichts weniger als einer wilden Revolte gegen die Zivilisation. Wenn Zivilisation und Psychiatrie in der Kirche der Moral Hochzeit halten, dann soll meine Anarchie feuriger schwarzer Rauch sein, der ihrem Evangelium der sozialen Kontrolle den Atem raubt.
Mit der Linken brechen
Nach mehreren Jahren, die ich als Anarchistin in der radikalen Linken zugebracht habe, weil ich dachte, dass ich dort Leute finde, die meine Ideen teilen, bin ich heute an dem Punkt, an dem ich mich frage, wie ich jemals glauben konnte, dass Anarchismus und die radikale Linke irgendwie kompatibel sind.